Georg Friedrich Prinz von Preußen, Sophie Prinzessin von Preußen und Stadtbürgermeister Falko Hönisch auf dem Rhein in Höhe der Loreley
Georg Friedrich Prinz von Preußen, Sophie Prinzessin von Preußen und Stadtbürgermeister Falko Hönisch (li.) auf dem Rhein in Höhe der Loreley (Foto: Rheingucken.de)

Wem gehört die Burg Rheinfels? Diese Frage schien geklärt. Doch wie sich ein langfristiger Pachtvertrag für Teile der Burg auf einen Rückübertragungsanspruch des Hauses Hohenzollern auswirken könnten, darüber sollten auf Initiative des Hauses Hohenzollern nun Gerichte entscheiden. Statt jahrelanger Auseinandersetzungen setzte Stadtbürgermeister Falko Hönisch unter dem Motto „Miteinander reden bringt Menschen zusammen“ auf eine Einigung mit zahlreichen Perspektiven für St. Goar.

So wurde am 20. September eine wohl historisch zu nennende Partnerschaft zwischen der Stadt St. Goar und der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung mit einem Festakt in der Katholischen Pfarrkirche „St. Goar und St. Elisabeth“ besiegelt. Neben Georg Friedrich Prinz von Preußen und Sophie Prinzessin von Preußen folgten zahlreiche Gäste aus Politik und Adel sowie Bürgerinnen und Bürger der Einladung.

„Gute Arbeit für Kinder muss außerhalb des Parteienstreits stehen“ erklärte Georg Friedrich Prinz von Preußen und betonte, dass er über die Kooperation hinaus bereit sei, sich auch persönlich einzubringen. So könne er sich vorstellen, Leihgaben für Kunstausstellungen mit einem Bezug zu Preußen zur Verfügung zu stellen. Noch vor einer kleinen Schiffsfahrt zur Loreley sagte er sichtlich angetan vom romantischen Rheintal bei St. Goar: „Ich kann verstehen, weshalb mein vierfacher Urgroßvater hier sein Herz verloren hat.“

Rudolf Scharping, ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und früherer Bundesverteidigungsminister sagte mit Bezug auf das Haus Hohenzollern: „Wir sind nicht frei von der Geschichte, wir sind aber frei darin, welchen Teil der Geschichte wir als Tradition pflegen.“

Fotogalerie zum Festakt



Pressemeldungen zum Thema:

Historische Partnerschaft soll Kinder fördern: St. Goar und Prinzessin Kira von Preußen Stiftung feiern gemeinsamen Start
(Rhein-Zeitung vom 20.09.2020)

Kooperation wird neues Miteinander ab den Herbstferien prägen – Musical „St. Goar“ soll 2021 vorgestellt werden
(Rhein-Zeitung vom 20.09.2020)

Die Zukunft hat Chancen verdient: Volker Boch zur Bedeutung des Festaktes in St. Goar
(Kommentar von Volker Boch, ebenfalls Rhein-Zeitung vom 20.09.2020)

SWR-Aktuell vom 19.09.2020
(ab Minute 23:15)


SWR-Landesschau – Der Frieden von St. Goar: Prinz besiegelt persönlich den Kompromiss um Burg Rheinfels

Rede von Stadtbürgermeister Falko Hönisch 
zum Festakt am 19. September 2020 zur 
Begründung der Kooperation zwischen der 
Stadt Sankt Goar und der 
Prinzessin Kira von Preußen Stiftung
Stadtbürgermeister Falko Hönisch (Foto: Werner Brager)

Rede von Stadtbürgermeister Falko Hönisch
zum Festakt am 19. September 2020 zur
Begründung der Kooperation zwischen der
Stadt Sankt Goar und der
Prinzessin Kira von Preußen Stiftung

Sehr geehrter Prinz und sehr geehrte Prinzessin von Preußen,
sehr geehrte Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Landtages,
sehr geehrter Herr Bundesminister Scharping
sehr geehrte Frau Staatsekretärin Steingaß,
sehr geehrte Herr Staatssekretär Dr. Aretz,
meine sehr geehrten Ratsmitglieder,
liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Sankt Goar,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich zu diesem Festakt gekommen sind.

Es war genau heute vor 139 Jahren, am 19. September 1881, dass das neu gebaute Rathaus von Sankt Goar feierlich eingeweiht wurde. Der St. Goarer Alt-Bürgermeister Walter Mallmann schrieb über diese Einweihungsfeier im Hansenblatt des Jahres 1996:

„Im Anschluss an die Einweihungsfeier fand im Hotel Schneider ein Essen statt, an welchem sich rund 25 Personen beteiligten. Die gute Stimmung wurde durch verschiedene Reden und Toaste noch gehoben. Das zuerst ausgebrachte Hoch galt wie immer dem „verehrten Kaiser und König“, der als Besitzer der Burg Rheinfels gewissermaßen ein Mitbürger der Stadt sei.“

Und so war es auch mein ursprünglicher Ansatz, die Hand in Richtung des Hauses Hohenzollern auszustrecken und sich jenseits juristischer Auseinandersetzung aktiv der Frage zu stellen, wer denn dieser Prinz von Preußen, über den man schon so viel gelesen hatte, dieser mögliche neue Mitbürger unserer Stadt, eigentlich ist. Dabei trieb mich vor allem eine Erfahrung an, die sich im Laufe meines bisherigen Lebens immer wieder bewahrheitet hatte: Miteinander reden bringt Menschen zusammen. Und so begannen die Gespräche, auf Augenhöhe, mit Anstand und Respekt und zuerst vor allem mit Ihnen, lieber Herr Dr. Jürgen Aretz, der das Haus Hohenzollern auch in dieser Sache vertreten hatte.

Mein initiales Ziel war es eigentlich nur gewesen, für den Fall, dass wir eben einen neuen Mitbürger bekommen hätten, dieser gewusst hätte, dass eine Einigung zumindest nicht an der Stadt Sankt Goar gescheitert wäre. Und damit wäre eine Grundlage für ein kooperatives Miteinander geschaffen worden. Dass aus all dem schließlich ein lösender Vergleich entstehen würde, hatte ich mir zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht auszumalen gewagt.

Aber am Ende der Entwicklungen waren doch alle mit im Boot: die Stadt, die Schloss Rheinfels GmbH, das Land Rheinland-Pfalz und eben auch das Haus Hohenzollern. Alle waren bereit einen Vergleich abzuschließen, der, bei aller Zuversicht der beteiligten Seiten am Ende doch über die jeweils andere Seite zu obsiegen, wann auch immer dies gewesen wäre, Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen hat. Denn, wie ich als Sohn eines Kapitäns schon oft die römische Juristenweisheit bemüht habe, wiederhole ich es erneut, dass man sich nämlich auf hoher See und vor Gericht allein in Gottes Hand befindet.

Aber neben der Burg Rheinfels gibt es ein weiteres Gebäude in unserer liebens- und lebenswerten Stadt, welches in einem engen Zusammenhang mit dem Hause Hohenzollern steht, nämlich eben jenes Bauwerk, in dem wir uns jetzt gerade befinden: die katholische Pfarrkirche St. Goar und St. Elisabeth. Den Neubau dieser Kirche, deren Grundsteinlegung im Jahr 1889 und deren Fertigstellung im Jahr 1891 erfolgten, ermöglichten neben Spenden aus der Bevölkerung und eines Industriellen ein nicht unerheblicher Zuschuss aus dem persönlichen Dispositionsfonds Kaiser Wilhelms I. Hintergrund war der Umstand, dass der damalige St. Goarer Pastor Adolf Hoelscher, der sich einen Neubau zu eigen gemacht hatte, ein Studienkollege des ehemaligen preußischen Kronprinzen war. Daher prangen seit 1905 an der rechten Wand des Chorraums bis heute Seit‘ an Seit‘ die Wappen der Stadt Sankt Goar und Kaiser Wilhelms I. Dem aufmerksamen Messebesucher ist dies über die Jahre sicher nicht unentdeckt geblieben. Dies ist also der Grund, warum wir uns heute ausgerechnet hier in der katholischen Pfarrkirche zu dieser weltlichen Feierstunde versammelt haben, bereichert mit Musik, die entweder für einen Preußen oder sogar von einem Preußen komponiert wurde, um die Kooperation zwischen der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung und der Stadt St. Goar feierlich zu begründen. Sie sehen also, dass es nicht nur auf den zweiten Blick mehr Verbindungen zwischen dem Hause Hohenzollern, genannt „die Preußen“, gibt, als der eine oder die andere vielleicht im Vorfeld einer politisch leider aufgeheizten Diskussion gedacht hätte.

Aber Auseinandersetzung ist auch wichtig, leben wir doch heute eben nicht mehr in einem absolutistischen Staat, sondern in einer Demokratie, die unterschiedliche Meinungen aushalten kann und sogar muss. Und solange jedwede Auseinandersetzung mit Anstand und dem Respekt vor dem Gegenüber geführt wird, sind belastbare Ergebnisse zu erzielen. Und ich ganz persönlich habe bisher nicht den Eindruck gewinnen können, dass das Haus Hohenzollern tatsächlich Bestrebungen hat, die Monarchie in Deutschland wieder einzuführen, wie ich kürzlich einem Zitat aus der letzten Stadtratssitzung der lokalen Presseberichterstattung entnehmen durfte. Am Ende war es dann doch eine deutliche und überparteiliche Mehrheit, die sich nach einem intensiven und tiefgründigen Abwägungsprozess dafür entschied, einer einvernehmlichen Lösung zu folgen, auf Kooperation statt auf Konfrontation zu setzen und der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern sofortige Rechtssicherheit zu schaffen. Hierfür gilt mein Dank allen Beteiligten, die sich gemeinsam für eine Lösung eingesetzt und daran mitgewirkt haben.

Nun gut, gebaut wurde in Sankt Goar genug, nicht nur in der jüngeren Vergangenheit, sondern offensichtlich auch in der „Preußischen Zeit“. Und auch wenn es die ursprüngliche Absicht des damaligen hoheitlichen Besitzers der zunehmend geschliffenen Burgruine Rheinfels war, diese nicht nur vor dem voranschreitenden Verfall zu bewahren, sondern sogar in alter Pracht wiederauferstehen zu lassen, so wie er es z.B. bei der Burg Stolzenfels umsetzen konnte, hat heute die Absicht, die Burg wieder zu errichten. Aber um das Vorhandene zu erhalten, zu sichern und wieder zugänglich zu machen, stehen nun Millionen Euro, die bis zur Beendigung des Rechtsstreits um die Burg Rheinfels unter Bewilligungsvorbehalt standen, für die dringende Sanierung der Burg zur Verfügung. Ein großer Dank gilt in diesem Zusammenhang der Landesregierung, die sich stetig und erneut der kulturellen und geschichtlichen Verantwortung den Baudenkmälern in Rheinland-Pfalz und eben auch in Sankt Goar bewusst ist und verpflichtet sieht.

Wie man an der wechselvollen jüngeren Geschichte der Burg Rheinfels erkennen kann, können Gebäude vergehen, sind eben nicht für die Ewigkeit gebaut. Nun aber heißt es, etwas Unvergängliches zu schaffen. Denn es sind die Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft, in unserer Stadt, die zukünftig über Generationen hinweg von einer verstärkten Kinder- und Jugendarbeit profitieren werden. Alles, was gut ist für unsere Kinder und Jugendlichen, ist auch gut für die Stadt, denn Kinder bedeuten Zukunft. Dafür hat die Stadt Sankt Goar in der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung einen langfristigen und starken Partner mit einer jahrzehntelangen Erfahrung auf diesem Gebiet gefunden. Gemeinsam und einvernehmlich werden beide, Stadt wie Stiftung, einen jährlichen Betrag für eben diese Kinder- und Jugendarbeit in und für St. Goar zur Verfügung haben und verwenden können. Praktisch wird für die Kinder- und Jugendarbeit in Sankt Goar jetzt mehr Geld zur Verfügung stehen, und dies vor allem haushaltsrechtlich unangreifbar, ohne dass die städtischen Zuwendungen für diesen Bereich erhöht werden müssten. Ich weiß nicht, wie wir das realistischer Weise anders hätten erreichen können.

Dies ist für eine Stadt dieser Größe und insbesondere im Reigen anderer vergleichbarer Gemeinden in der Region, aber auch darüber hinaus, ein einzigartiger Standortvorteil und kann eine wichtige Entscheidungsgrundlage sein, sich z.B. als junge Familie in unserer lebens- und liebenswerten Stadt im Herzen des UNESCO Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal niederzulassen. Und auch weitere, dem Stiftungszweck entsprechende Verwendungen des gemeinsam zu verwaltenden Budgets, werden das Leben in Sankt Goar noch lebens- und liebenswerter machen. Aber vor allem werden es die Kleinen und die nicht mehr ganz so Kleinen sein, die mit einer auf Anstand, Respekt und Interkulturalität basierten Kinder- und Jugendarbeit ein stetig wachsendes, lebendiges Bauwerk sozialen Miteinanders und Gemeinsinns schaffen werden.

Dies ist ein guter Tag für die Kinder- und Jugendarbeit in Sankt Goar und damit auch für unsere lebens- und liebenswerte Stadt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Falko Hönisch
Sankt Goar, den19. September 2020